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Das Ende der Bibliothek des Benediktinerklosters Frauenzell

Ein Gastbeitrag von Hans Rudolph, Frauenzell

Titelseite von Boethius' „Trost der Philosophie“; BSB M: Res/4 A.lat.b. 40; Provenienz: Frauenzell.
Titelseite von Boethius' „Trost der Philosophie“; BSB M: Res/4 A.lat.b. 40; Provenienz: Frauenzell.

Das seit 1424 als Abtei bestehende Frauenzell wurde im Zuge der Säkularisation ebenso aufgelöst wie alle anderen bayerischen Klöster. Die Entscheidung dazu wurde dem Konvent unter seinem Abt Heinrich II. Mühlbauer (reg. 1788–1803) 1803 am Gedenktag für den hl. Benedikt, dem 21. März, verkündet.

Der Bibliothekar Bernhard Pangerl

Zu dieser Zeit war Bernhard Pangerl als Bibliothekar zuständig für die Bibliothek des Klosters. P. Bernhard – Taufname Michael – wurde am 8. Juni 1774 in Arrach geboren, war Mönch in Frauenzell seit 15. Oktober 1797 und Priester seit 7. Oktober 1798. Aus der Zeit seines Noviziats wurde kürzlich in Münchenreuth bei Waldsassen eine von ihm stammende Handschrift zu Exerzitien aus dem Jahr 1796 entdeckt. Pangerl wirkte nach der Säkularisation als Seelsorger. 1818 übernahm er die Pfarrei Ering am Inn und verblieb dort bis zu seinem Tod im Jahr 1863. Sein Besitz, zu dem außer Hausrat auch Pferde, Kühe und Kälber gehörten, wurde am 15. September 1863 öffentlich versteigert.

Das Schicksal der Frauenzeller Bibliothek

Pangerl musste miterleben, wie unter dem von der Hof- und Staatsbibliothek München entsandten Johann Christoph von Aretin auch die Bibliothek seines Klosters geplündert und zahlreiche, als selten oder wertvoll erachtete Bände requiriert und nach München in die Kurfürstliche Bibliothek verbracht wurden. 

In der heutigen Bayerischen Staatsbibliothek sind noch 38 Inkunabeln aus ehemals Frauenzeller Bestand nachweisbar, da von diesen frühesten Drucken die Provenienzen ermittelt wurden. Weitere vier Inkunabeln aus ehemals Frauenzeller Bestand finden sich in anderen namhaften deutschen Bibliotheken.

Von allen übrigen Bänden aus der Klosterbibliothek Frauenzell fehlt jeglicher Nachweis. Wie die Chronisten berichten, wurden von den Münchener Beamten nicht als erhaltenswert erachtete Bücher fuderweise an Papiermühlen und andere Interessenten verkauft und vernichtet. Um wenigstens einen Teil dieses Restbestandes zu retten, schrieb P. Bernhard am 25. Januar 1805 an die Hofbibliothek in München mit der Bitte, diese Bücher erwerben zu dürfen. Es handelt sich zumeist um theologische Schriften, die im 18. Jahrhundert gedruckt worden waren, und nur sehr vereinzelt um ältere Drucke. Die Korrespondenz ist im Bayerischen Hauptstaatsarchiv erhalten, zusammen mit einer Liste von mehr als 1400, nach Autoren alphabetisch geordneten Titeln. Pangerls Ersuchen wurde am 1. März abschlägig beschieden.

Es ist unbekannt, was aus den noch im Kloster vorhandenen Büchern geworden ist. Bei einer Versteigerung im Jahre 1809 wurden laut Scheglmann aber noch „über 100 Centner Ausschußbücher“ aus der Frauenzeller Bibliothek nach Gewicht veräußert und von Krämern der Umgebung erworben. Vermutlich gehörten die von P. Bernhard gelisteten Titel auch dazu.

 

Eine Zusammenstellung heute noch nachweisbarer Frauenzeller Inkunabeln ist in Vorbereitung.

 

Archivale:

BHStA: KL Frauenzell 142 (Korrespondenz von P. Bernhard Pangerl und Liste von 1400 Werken aus der Frauenzeller Bibliothek).

 

Lit.:

Kurier für Niederbayern. Tagblatt aus Landshut, XVI. Jahrgang, 11. September 1863.

Scheglmann, Alfons Maria: Geschichte der Säkularisation im rechtsrheinischen Bayern. 3. Bd. Die Säkularisation in den 1803 definitiv bayerisch gewesenen oder gewordenen Gebieten. 1. Teil. Die Säkularisation der Fürstbistümer und Benediktinerabteien, Regensburg 1906, 410 u. 417.

 

Abb.:

Boetius‘ „De consolatione phylosophie“ (Titelseite der Ausgabe Köln: Heinrich Queltell 1497; BSB M: Res/4 A.lat.b. 40; Provenienz: Bibliothek Frauenzell).

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