In der Stiftskirche St. Emmeram steht im nördlichen Seitenschiff der Dreifaltigkeitsaltar. Auf diesem ist in einem Schrein ein Tafelbild zu finden, das oft übersehen wird und doch als „eines der wichtigsten Werke der deutschen Malerei des 15. Jahrhunderts“ zu gelten hat. So beurteilt Svea Janzen die sogenannte „Strauß-Madonna“ in dem neuen Tagungsband „MARIA LACTANS“ (S. 63).
Schon 2011 wurde in Regensburg ein Symposion über das Bildnis veranstaltet. Doch es brauchte seine Zeit, bis es dem „Verein der Freunde und Förderer von St. Emmeram e. V.“ gelang, den Tagungsband zu finanzieren. Nun ist er beim Kunstverlag Josef Fink – in gewohnt gediegener Aufmachung – doch noch erschienen. Ende 2022 konnte er der Öffentlichkeit vorgestellt werden.
Der Urheber des Werkes, das auf die 1440er-Jahre datiert wird, ist unbekannt und erhielt den Notnamen „Meister der Strauß-Madonna“. Deren Bezeichnung wiederum rührt von ihrem Stifter her, dem St. Emmeramer Abt Wolfhard Strauß (reg. 1423–52). Ihm verdankte das Stift eine Konsolidierung der zerrütteten Wirtschaftslage und einen neuen Aufschwung.
Bei der „Strauß-Madonna“ handelt es sich um eine Motivkombination aus Maria lactans und Marienkrönung. Maßgebliches Vorbild war die Lucca-Madonna des Jan van Eyck. An diese kommt das Regensburger Werk zwar nicht heran, dennoch ist es ein Werk mit komplexer religiöser Botschaft und innovativer künstlerischer Gestaltung.
Wo das Bildnis seinen ursprünglichen Ort hatte, ist unbekannt. 1713 ließ Abt Johann Baptist Hemm die „Strauß-Madonna“ in den neuen Dreifaltigkeitsaltar integrieren, eine Votivstiftung anlässlich der in Regensburg grassierenden Pest.
Die acht Beiträge des Bandes analysieren Faktur und Botschaft des Bildes und ordnen es in den kunsthistorischen Zusammenhang ein. Nachzulesen ist außerdem eine Biografie des Abtes Wolfhard Strauß und eine Untersuchung zum heutigen Kontext des Bildes, dem Trinitätsaltar.
Lit.:
MARIA LACTANS – Das Tafelbild der stillenden Muttergottes aus St. Emmeram in Regensburg. Eine Stiftung von Abt Wolfhard Strauß († 1454) (Schriftenreihe zu den Regensburger Reichsstiften 3), Lindenberg 2023.