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Der Mönch in der Krippe – Beobachtungen in der Tirschenreuther Krippenausstellung

Grulich-Figur in einer Glas-Dom-Krippe der Tirschenreuther Krippenfreunde
Grulich-Figur in einer Glas-Dom-Krippe der Tirschenreuther Krippenfreunde

In der nördlichen Oberpfalz und in Marktredwitz ist die öffentliche Ausstellung von Krippen ein wichtiger Teil des kulturellen Lebens. Was einst als „Kripperl-Schauen“ begann – also als Besuch bei Nachbarn, Verwandten und Bekannten, um die zu Weihnachten aufgestellten Landschaftskrippen zu besichtigen –, wurde inzwischen zum viel beachteten musealen Ereignis. 

Wie schon in der Rekordausstellung in Plößberg 2022/23 kann man auch in der diesjährigen Tirschenreuther Ausstellung regionaltypische Gestaltungselemente finden. Neben den oft weiträumigen Krippenlandschaften sind dies bestimmte Figurengruppen, sogenannte „Stückla“, beispielsweise der Geißbock-Reiter und der Apfeldieb. Eine weniger auffällige Figur, die ebenfalls häufig und in verschiedenen Varianten zu finden ist, ist der Mönch.

In der Tirschenreuther Schau sind etliche Beispiele zu finden, die aus Grulich (heute: Králiky) im böhmisch-mährisch-schlesischen Dreiländereck stammen, einem einstigen Zentrum der Krippenschnitzerei. Dort wurden seit dem Ende des 18. Jahrhunderts in Hausmanufakturen „Krippen-Mannla" in zunehmend großer Stückzahl für den Groß- und Fernhandel produziert.

Viele Krippen-Mönche sind mit franziskanischem Habit und Bart als Kapuziner stilisiert. Zum Teil bringen sie Gaben zum Christuskind, zum Teil sind sie mit religiösen Attributen wie einem Buch ausgestattet. Auch von den örtlichen Krippenschnitzern wurde dieses Motiv oft übernommen. Im Sprachgebrauch des Stiftlandes werden diese Figuren oft auch als „Einsiedler“ bezeichnet, vielleicht, weil sie grundsätzlich nur einzeln vorkommen. Wie ein eremitischer Asket wirkt am ehesten ein knieender Beter in der "Alten Schön-Krippe". In der „Wennig-Mehler-Krippe“ ist der Geistliche durch cremeweiße Tunika und schwarzes Skapulier als Zisterzienser gekennzeichnet. Ähnlichkeiten zu den Mönchen weist eine andere Figur auf, die durch angedeutete Jakobsmuscheln auf der linken und rechten Brust als Pilger erkennbar ist. Häufig gibt es in der Krippenlandschaft eine eigene Kapelle, vor der der Bruder (und in einem Fall der Pilger) aufgestellt wird.

Der Einwand, dass es sich bei katholischen Ordensgeistlichen und Kapellen in Weihnachtskrippen um Anachronismen handle, greift übrigens nicht. Die Hirten tragen – wie in der sakralen Tafelmalerei und Bildhauerei früherer Jahrhunderte – meist nicht orientalische, sondern mitteleuropäische Trachten. Die Architekturen wirken manchmal orientalisch, oft aber auch mitteleuropäisch-bäuerlich oder -kleinstädtisch. So holten die Künstler das weihnachtliche Heilsgeschehen in die jeweilige Gegenwart herein. Bis ins 19. Jahrhundert waren die volksnahen Kapuziner offenbar Teil dieser Gegenwart und gerieten so zur traditionellen Krippenfigur.

 

Literaturauswahl:

Karasek-Langer, Alfred: Die Grulicher Herrgotts- und Krippenschnitzerei. Eine unbekannte Sudetenschlesische Volkskunst, in: Mährisch-Schlesische Heimat 4 (1966) 264–281.

Widmann, Werner A.: Die wahrhaft göttliche Komedi. Hauskrippen im Stiftland, Regensburg 1976.

Gleißner, Max: Das Tirschenreuther Krippenbuch, Tirschenreuth 1987.

Sporrer, Thomas: Stiftländer Krippentraditionen. Große Krippen-Ausstellung der Tirschenreuther Krippenfreunde von Dezember bis Januar, in: Der bayerische Krippenfreund (2023) 75–77.

 

Hier einige Eindrücke (in den Vitrinen ohne professionelle Ausrüstung leider nicht gut zu fotografieren):

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