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„Der Meister von Prüfening“ – eine Erzählung von Alois Patin

Im gesamten BibliotheksVerbund Bayern ist kein einziges Exemplar eines Büchleins verzeichnet, das hier kurz vorgestellt werden soll. Auch die Staatliche Bibliothek Regensburg, die möglichst umfassend Literatur zur Oberpfalz und zu Regensburg sammelt, verfügt über kein Exemplar. Der WorldCat weist lediglich drei Standorte in Leipzig, Berlin und Magdeburg aus. Es handelt sich um die Erzählung „Der Meister von Prüfening“ eines Alois Patin, die posthum im Jahr 1935 in der Reihe „Brückenbücherei“ im Breslauer Verlag Paul Kupfer erschien.

Über den Verlag ist außer Buchtiteln zumindest online kaum etwas zu recherchieren. Im bibliophilen Erscheinungsbild ist Patins Band deutlich an der Insel-Bücherei orientiert – man wollte offenbar von deren Beliebtheit profitieren.

Der Autor Alois Patin wurde 1855 in Eichstätt geboren, studierte nach dem Schulabschluss in Würzburg, München und Erlangen und nahm 1875 in Nürnberg seine Tätigkeit als Gymnasiallehrer auf, die er an verschiedenen weiteren Dienststellen ausübte. 1895 wurde er in Leipzig für eine philologische Studie über Hippokrates promoviert. Auch sonst verfasste er regelmäßig Fachschrifttum. 1903 ließ er sich an das Neue Gymnasium in Regensburg versetzen. Er starb 1927 in der Donaustadt.

In Regensburg schlug Patin eine neue Schaffensrichtung ein und schrieb vermehrt auch Theaterstücke, Gedichte und Erzählungen, wobei er sich besonders auf Regensburg-Stoffe konzentrierte. Aus dieser Phase stammt daher wohl auch „Der Meister von Prüfening“, eine Novelle, in der er das Leben des Malers und Fraters Innocentius Metz erzählte.

Die Geschichte setzt in die Zeit des Prüfeninger Abtes Bernhard Degl (reg. 1683–93) ein. Dessen geistlicher Sohn P. Otto Krafft lernt während seines Wirkens als Beichtvater im Nonnenkloster Säben den Sakristan und Maler Franz Metz kennen. Er fördert ihn und unterstützt ihn, indem er ihm eine Schülergruppe zuführt, zu der auch Johann Gebhard gehört.

Otto Kraft erfährt allmählich, wie Metz nach Säben gekommen ist: In jungen Jahren hat er in Verona mehrfach eine Fürstentochter gemalt, auch als Aktmodell für eine Darstellung der Eva beim Sündenfall. Doch gegen die sinnlichen Anfechtungen, die ihm aus der Begegnung mit ihr erwachsen sind, hat er sich gewehrt, indem er sich, durch ein lebensgefährliches Gewitter zu Tode erschreckt, heimlich entfernt und als Sakristan im Kloster Säben Aufnahme gefunden hat.

Als P. Otto nach Prüfening zurückgerufen wird, um dort das Amt des Abtes (1693–1729) anzutreten, verspricht Metz, ihm dorthin zu folgen. Auf einem letzten Spaziergang mit seinen Schülern wird er beinahe vom Blitz erschlagen. Das Erlebnis löst eine tiefe Krise in ihm aus, sodass er sich in den Eisack stürzt, um die sündhafte Welt zu verlassen. Er wird gerettet und beschließt nun, Mönch zu werden. Das Noviziat in Prüfening dehnt sich allerdings über fünf Jahre hin, bis seine Berufung wirklich feststeht. So wird er zum Frater Innocentius.

Das Wessobrunner Gnadenbild "Mutter der schönen Liebe“.
Das Wessobrunner Gnadenbild "Mutter der schönen Liebe“.

Nach Prüfening hat er auch das Porträt der Fürstentochter mitgebracht. Nun wird die Bitte des Klosters Wessobrunn um Überlassung des Gemäldes zu einem befreienden Impuls, Metz‘ frühere Begierde zur felix culpa. Fr, Innozenz ruft aus: „‚Hochgelobt sei der Herr, der aus der Sünde Erlösung sprießen läßt!‘ [...] Und siehe da, er verwandelte die Fürstenkrone des jugendlichen Hauptes in einen Rosenkranz“ (S. 41).

Doch die Kunde von dem Bild gelangt zu der Fürstin, die eigens nach Prüfening reist, um „mit ihrem gestohlenen Ich wieder vereinigt zu werden“ (S. 42). Das Porträt findet sie nicht vor, aber es kommt zum Wiedersehen mit Franz/Innocentius, der sich ein drittes Mal beinahe wie vom Blitz getroffen fühlt. Wieder ist er zwischen Liebe und Schuldgefühlen hin- und hergerissen. Die Fürstin reist ab, empört von seinem abweisenden Verhalten, nicht ohne die Auslieferung des Innocentius oder aber das Bild einzufordern, für das längst bezahlt worden sei und das der Bruder veruntreut habe.

Abt Otto argumentiert in einem Antwortschreiben, „ihr Bild habe sich durch ein göttliches Wunder in das Marienbild von Wessobrunn, das Wallfahrtsbild auf dem Hochaltar verwandelt, das vom gläubigen Volke umkniet, von Papst Clemens mit reichen Gnadenschätzen ausgestattet sei.“ (S. 53f.) Da sich die Fürstin aber hartleibig zeigt, bietet Fr. Innozenz an, aus dem Gedächtnis eine identische Kopie zu malen, die man der Fürstin zukommen lassen könne. Doch als er in dem vorbereiteten Gemälde ihr Gesicht ausführen will, erblindet er schlagartig („Der Bote und Rächer des Herrn kam zum drittenmale“, S. 61) und muss abbrechen. Noch zwanzig Jahre lebt er im Kloster, dem Erzähler zufolge still und geläutert: „Ich glaube, innerlich sah er sie, die er immer geliebt, deren Schönheit ihn so geblendet hatte, daß er nichts Anderes mehr sah als sie. Und seine Liebe, wahrhaftig, war rein und unschuldig.“ (S. 62)

Patin hat es nicht in die „Kleine Regensburger Literaturgeschichte“ geschafft, sicher auch wegen seiner – begründet – sehr begrenzten Rezeption. Nicht alles im „Meister von Prüfening“ ist zwingend motiviert, nicht alle Handlungslinien sind zu Ende gebracht, die Charakterisierung der Figuren neigt zur Typisierung. Der Aufbau der Erzählung und die Motiv-Technik lassen aber jedenfalls eine intensive literarische Bildung erkennen.

Das Bildnis, das in der Novelle die Funktion des „Falken“ einnimmt, existiert übrigens tatsächlich und erlangte im 18. Jahrhundert große Bekannt- und Beliebtheit: Es handelt sich um die etwa 1704 von Metz gemalte Wessobrunner „Mutter der schönen Liebe“.

 

Lit.:

Patin, Alois: Der Meister von Prüfening (Brückenbücherei 8), Breslau 1935.

Außerdem:

Barbey, Rainer/Petzi, Erwin (Hgg.): Kleine Regensburger Literaturgeschichte, Regensburg 2014.

Zimmerer, H[einrich]: Alois Patin zu seinem 60. Geburtstage. Eine Skizze seines Lebens, in: Verhandlungen des Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg 65 (1915) 177–188.

 

Abbildungen:

Buchcover: Schrott

Foto „Mutter der schönen Liebe“: Rufus46 per Wikimedia Commons

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