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„Erlebnis Kloster. Klosterkultur und Museum“ – ein neuer Tagungsband

Die zweiten „Fachtage Klosterkultur“, gehalten 2021 im Klostermuseum Dalheim, hatten das Thema „Erlebnis Kloster. Klosterkultur und Museum“. Soeben ist der Tagungsband erschienen, in dem die verschiedenen Beiträge nachzulesen sind.

Von allgemeinem Interesse für die Klosterforschung sind sehr lesenswerte Überlegungen des Erfurter Philosophieprofessors Holger Zaborowski mit dem Titel „Leben, ‚als ob nicht‘ – oder: Worin zeigt sich die Kultur der Klöster?“ Er beschreibt Ordenseinrichtungen als heterotope und heterochrone Orte, als Gegenräume zu unserer Alltagswelt. Das Leben im Kloster bedeute eine „Existenzdifferenz“ (S. 23), ein exemplarisches christliches Leben unter dem eschatologischen Vorbehalt, ein Leben „als ob nicht“, gleichsam im Optativ (S. 24). Diese Differenz zur säkularen Welt sei es, durch die sich das verbreitete Interesse an Klöstern erklären lasse. Sie seien „Orte eines oft diffusen Verlangens nach mehr oder nach etwas anderem.[...] Gerade das Unvertraute, Fremde, nicht Alltägliche der klösterlichen Kultur wird als besonders reizvoll, anziehend und hilfreich wahrgenommen.“ (S. 20)

Die meisten Artikel des Bandes sind Porträts musealer Einrichtungen, die klösterliche Geschichte und Kultur präsentieren. Vertreten sind Sankt MariensternSankt GallenNeustift bei Brixen, die Lüneburger FrauenklösterMelkMemlebenOttobeurenDalheim und Müstair. Karin Mayer gibt einen Überblick über Sammlungen österreichischer Frauenkonvente, Holger Kempkens über Klosterkultur in kirchlichen Museen des deutschen Sprachraums.

Von den Oberpfälzer Klöster ist Waldsassen mit einem Werkstattbericht von Peter Pfister vertreten. „Derzeit stehen die Neuausrichtung, die Weiterentwicklung und die Sanierung des großen Klostergartenareals, samt der Wiederherstellung der Orangerie[,] und vor allem der berühmten Klosterbibliothek an.“ (S. 193) Zu Garten und Bibliothek wurde je eine Machbarkeitsstudie erstellt. Aus dem nur noch teilweise genutzten Klostergarten soll „eine attraktive und zugleich nutzbringende Parkanlage entstehen“ (S. 194). Es wird angekündigt, dass dadurch „eine wesentliche Verbesserung für die Lebensqualität der Stadtbewohnerinnen und -bewohner erreicht wird“ (S. 194). Dies wird allerdings nur eintreten, wenn für den Besuch keine Eintrittsgelder erhoben werden, da sonst der nahe Stadtpark Schwanenwiese als Alternativangebot konkurrenzlos bleibt. Die Waldsassener Hauptattraktion, die Stiftsbibliothek, soll stärker mit der Selbstdarstellung des Klosters verbunden werden. Es wird nach Wegen gesucht, um die Verweildauer der zahlreichen Besucherinnen und Besucher zu verlängern und im Zuge dessen „einen Einblick in die lebendige Klosterkultur“ zu gewähren (S. 196). Die Weiterentwicklung der Bibliothek wird dem Postulat folgen: „Der Bibliotheksaal und die dort befindlichen Bibliotheksbestände werden eingebunden in das Erlebnis des aktuellen Klosterkosmos und werden von den Besucherinnen und Besuchern künftig mit allen Sinnen erlebbar sein.“ (S. 197) Dazu soll der Bibliothek ein eigener Bereich als „Dritter Ort“ vorgeschaltet werden. Erfreulich ist die Aussicht, dass im selben Rahmen der gesamte Altbestand an Büchern im Besitz der Zisterzienserinnenabtei katalogisiert wird, einschließlich einer Provenienzerfassung. Die ehemalige Dekanatsbibliothek Tirschenreuth, die sicher größtenteils Eingang in die Bibliothek gefunden hat, wird dann wieder fassbar sein, und womöglich sind in den Bestand auch Priesternachlässe ehemaliger Waldsassener Zisterzienser eingeflossen.

Die dritten „Fachtage Klosterkultur“ sind in Vorbereitung und werden vom 13.–16. September 2023 im Stift Melk zum Thema „Klostergärten – Nahrung für Leib und Seele“ stattfinden.

 

Lit.:

Erlebnis Kloster – Klosterkultur und Museum (Hgg. Helga Fabritius/Albert Holenstein) (Fachtage Klosterkultur 2) Sankt Ottilien 2023.

Darin:

Zaborowski, Holger: Leben, „als ob nicht“ – oder: Worin zeigt sich die Kultur der Klöster?, 18–27.

Pfister, Peter: Zwischen Klausur und Kulturtourismus – Klostergarten und Bibliothek als Schaufenster einer lebendigen Klosterkultur. Ein Werkstattbericht, 193–203.

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