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„Geheimtüren“ in Klosterbibliotheken

Vexiertür in der Stiftsbibliothek Admont in geöffnetem Zustand
Vexiertür in der Stiftsbibliothek Admont in geöffnetem Zustand

Geheime Ein- und Ausgänge sind ein kulturgeschichtliches Phänomen eigener Art mit äußerst unterschiedlichen Funktionen – von spielerischer Unterhaltung bis zur lebensrettenden Maßnahme: Anne Franks Familie konnte eine Weile hinter einer Geheimtür überleben. Es gibt einerseits verborgene Türen in Schlössern und Palästen, andererseits auch in Computerspielen und Escape Rooms.

Weithin bekannt sind die Vexiertüren in der Admonter Stiftsbibliothek (s. Abb.) – ein recht „offenes Geheimnis“! Die tschechische Abtei Hohenfurth/Vyšší Brod macht online eigens auf ihre Geheimtür neugierig. Dies sind aber nur zwei Beispiele für eine ganze Reihe von kaschierten Ein- und Ausgängen in Klosterbibliotheken. Wozu dienten solche Augentäuschungen? Drei Antworten auf diese Frage dürften besonders naheliegend sein:

1. Hinter den verborgenen Türen ließ sich etwas verstecken. In Klosterbibliotheken konnten dies beispielsweise Zimelien sein – die Bücher sollten vor dem Zugriff unbefugter Personen geschützt werden; oder aber verbotene Bücher gemäß dem „Index librorum prohibitum“ – hier war das Anliegen, die Menschen vor „gefährlichen“ Büchern zu schützen.

2. Die Türen wurden aus ästhetischen Gründen eingefügt, um die gleichförmige Gestaltung der Bücherwände nicht zu unterbrechen. Die gesamte Wissenswelt, die in der Bibliothek repräsentiert war, sollte in geordneter, sozusagen bewältigter Form präsentiert werden.

3. Die Türen fungierten als dramaturgisches Mittel in Bibliotheksführungen, als performatives Element während der Schauraum-Präsentation. Ihr unvermitteltes Öffnen war ein Überraschungseffekt und zugleich eine symbolische Geste des Ins-Vertrauen-Ziehens der Besucher. 

Wenig spricht für die erste These, wogegen die zweite mit Recht einige Anerkennung genießt. Vieles spricht aber auch für die dritte Annahme, etwa die Bibliothekseinrichtungen in Schussenried und Amorbach, wo die mit Buchrücken dekorierten Türen optisch erst verschwinden, wenn man den Saal betreten hat und sie hinter sich schließt.

Über Waldsassen gibt es einen Reisebericht aus dem Jahr 1784, in dem von der Demonstration der verborgenen Drehregale berichtet wird – geheim waren diese also schon im 18. Jahrhundert nicht mehr.

Eine ausführliche Beschäftigung mit kaschierten Türen in Klosterbibliotheken ist jetzt in folgendem Artikel zu finden:

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Lit.:

Schrott, Georg: „Geheimtüren“ – Funktionen getarnter Ein- und Ausgänge in barocken Klosterbibliotheken, in: Jahrbuch Kirchliches Buch- und Bibliothekswesen N. F. 5 (2018) [erschienen 2024], 227–248.

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